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Geschichte der Reißverschlüsse

Hier entsteht eine Übersicht über die Entwicklung des Reißverschlusses von seiner Erfindung, über die Verbreitung und Entwicklung bis zum heutigen Stand.
Ririmi () - schon mal was davon gehört ? Eingesperrt, haben Sie Ihn, den Erfinder der Reißverschlüsse.
Und zwar nicht irgendjemand, sondern - wie so oft - die eigenen Leute.
Die Schweizer, die Schweizer, daher kommt einer der Erfinder der Reißverschlüsse.

hier ein Auszug aus einem Text des Nordbayrischen Kurier :

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Kleine Zähne - große Wirkung
Praktisch, schlicht oder reine Zierde - der Reißverschluss gehört heute zum Alltag dazu
Von Tanja Gräßel


Er ist fast überall. Manchmal versteckt, manchmal dezent und immer öfter ganz bewusst ist er an den meisten Kleidungsstücken zu finden: Der Reißverschluss. Eine erfindung, die für uns selbstverständlich ist, doch bis zu seiner heutigen Form verging viel Zeit.

Amerika 1851. Elias Howe erfindet eine Reihe von Klammern, die mit einer Kordel verbunden sind und auf Rippen laufen. Er meldet ein Patent an - doch seine Idee wurde niemals umgesetzt.
Anders erging es dem Ingenieur Whitecomb L. Judson aus Chicago: Ihm war das Schnürsenkelbinden zu umständlich und ertüftelte sich ein System, das ihm Erleichterung schaffen sollte.

Weltausstellung
Zwei Metallketten mit Schiebeverschluss, die man zusammenziehen konnte, zierten fortan seine Schuhe. - Und bald darauf die zahlreicher anderer Amerikaner!
Denn als Judson seine Erfindung - "Klemmöffner und -schließer für Schuhe" - patentieren ließ und sie 1893 auf der Weltausstellung in Chicago präsentierte, erregte sie großes Aufsehen. Die Urform des Reißverschlusses war geboren.
Ein erster Durchbruch gelang Judsons Konstruktion, als US-Oberst Lewis Walker nach Besuch der Weltausstellung in Pennsylvania die Firma "Automatic Hook & Eye Company" gründete, um darin gezielt mit der Reißverschlussproduktion zu beginnen.

Verbesserungen
Das Problem der Firma, die in später in "Walkers Universal Fastener Company" (WUFC) umbenannt wurde, war die Tatsache, dass der Reißverschluss zu leicht aufging. Doch das verbesserte Modell "C-Curity", das 1902 auf den Markt kam, fand nur wenig Anklang.
Auch in Europa verlief die Entwicklung nicht problemlos. Bereits 1884 hatte der Wiener Poduschka sein Patent angemeldet. Die Socié´té´ Francaise übernahm als erste europäische Firma die Massenproduktion des Reißverschlusses.

Hässlich und Plump
Doch die Verbindungen zu Amerika sind eindeutig: Aronson, ein schwedisch-amerikanische Techniker, hatte die Firma 1910 in Paris gegründet. Zuvor war er bei WUFC angestellt.
Anders als die Frauen in den USA, empfanden die Französinnen das Accessoir, das Aronson einführte, als hässlich und plump. Damit die Firma überleben konnte, wurden Reißverschlüsse nur noch für Zelte oder Postsäcke verwendet.

So wie heute
In Amerika gelang Judson und Walker schließlich der große Durchbruch: Der Schwede Gideon Sundback befasste sich ein jahr lang mit der Funktionsweise des Reißverschlusses. Sein Endergebnis ist das noch heute gebräuchliche System.
Zwei biegsame Stoffstreifen, an deren Seiten je eine Reihe mit Metall- oder Kunststoffzähnen und eine mit den dazu passenden Vertiefungen befestigt sind. Zum Schließen werden die Zähne mit Hilfe eines Keil aneinandergepresst. Fertig.

Patent als Mitgift
Gideon Sundback, der übrigens Judsons Tochter heiratete und somit das patent über den Schwiegervater erbte, ließ noch zwei weitere Patente anmelden und ermöglichte damit die maschinengesteuerte Serienproduktion des Reißverschlusses.
Seinem ersten Massenartikel, einem Geldbeutel mit Reißverschluss, folgten wetterfeste Anzüge für Marinelotsen - gerade rechtzeitig zum Beginn des ersten Weltkrieges.

Schuhe mit "Zip"
Die Zivilbevölkerung konnte die Kleidungsvariationen erst nach dem Krieg ausprobieren: Im Jahre 1923 beispielsweise brachte die amerikanische Firma B. F. Goodrich Überschuhe mit reißverschluss auf den Markt.
Ein Angestellter derselben Firma prägte übrigens den nicht nur in den USA gebräuchlichen Ausdruck "Zip", der Schwung bedeutet.

Hose offen
Da der Zip vor allem bei eng anliegenden Kleidungsstücken vorteilhaft gegenüber Knöpfen oder Hakenverschlüssen war, verbreitete er sich auch in Europa nach dem Krieg schnell. In England konnte man beispielsweise ab 1927 die ersten Sportanzüge mit Reißverschluss kaufen und von 1935 an gab es Männerhosen mit Zip.

Modischer Verschluss
Wenn auch mit einem fatalen Effekt: Immer wieder vergaßen die Männer, den Reißverschluss zuzuziehen! Dies ging sogar so weit, dass eine Frauenzeitschrift den Gattinnen empfahl, immer auf die Hose des Mannes zu gucken, bevor er aus dem Haus ginge . . .
Beliebtes Accessoir wurde der Reißverschluss, als ihn Elsa Schiaparelli in Paris in die haute Couture einführte. Vom regenbogenfarbenen Zier-Reißverschluss bis zum schlichten Nylon-Zip zierten verschiedenste Varianten die Modekollektionen.
Und so ist es bis heute geblieben. Allein Deutschland produziert pro Jahr um die 70 Millionen laufende Meter Reißverschlüsse. Egal ob als praktischer Verschluss oder als raffinierte Verzierung - der Reißverschluss ist aus unserer Alltagswelt nicht mehr wegzudenken.


©2002 Nordbayerischer Kurier



Soweit der "Nordbayerischer Kurier" zu diesem Thema.

Folgender Artikel zum Thema Reißverschluss wurde veröffentlicht von NZZ Folio, der Zeitschrift der Neuen Zürcher Zeitung :




Rippen, Rillen, Grillen

Mit dem Ririmi()-Reissverschluss hat der St. Galler Fabrikant Martin Winterhalter die Menschheit glücklich und sich selber reich gemacht. Doch Winterhalter wollte mehr - und endete im Irrenhaus. Eine Geschichte, von der manchem lieb wäre, sie ginge vergessen.

Von Alex Baur

WORTLOS SCHREITEN drei Männer am frühen Morgen des 16. Januar 1949 durch das Hauptportal der Villa Ri-Rita in Vico Morcote ob dem Luganersee. Sie drängen den Diener unsanft zur Seite und stürzen sich auf den Hausherrn, der sich gerade vom Frühstückstisch erhebt. Trotz seinen 60 Jahren ist Martin Winterhalter noch ein rüstiger Mann, er wehrt sich mit Händen und Füssen. Vergeblich. Während ihm ein Bademantel umgelegt wird, hält Dr. Elio Gobbi, der Vizedirektor der Irrenanstalt von Mendrisio, die Spritze bereit. Pantopon, ein starkes Betäubungsmittel.

Doch so einfach lässt sich ein Mann vom Schlage des Martin Winterhalter nicht ruhigstellen. Noch zweimal muss Dr. Gobbi auf dem Weg durch die Leventina zustechen. Dann ist der Vorrat aufgebraucht. Bei einer Apotheke decken sich die Entführer notdürftig mit Äther ein. Als das Auto bei Airolo in den Güterzug verladen wird, schläft Winterhalter endlich. Der Dottore und seine Begleiter - zwei Direktoren der Firma Riri in Mendrisio - passieren den Gotthard im Schnellzug. Martin Winterhalter kommt erst in der Isolierzelle des Zürcher Irrenhauses Burghölzli wieder zu sich. Hier soll er auf seinen Geisteszustand überprüft werden - entführt von seinen eigenen Angestellten, im Auftrag seiner engsten Angehörigen. Es ist der Anfang vom Ende einer sagenhaften Erfolgsgeschichte: der des ungekrönten Reissverschlusskönigs Dr. Martin Othmar Petrus Notker Winterhalter, geboren als jüngstes von sieben Geschwistern am 4. Mai 1889 in Tablat bei St. Gallen. Eine Geschichte freilich, die manche Leute gerne vergessen würden. Eine Geschichte auch, die einiges sagt über Grösse und Grenzen der Schweiz.

MARTIN WINTERHALTER WAR schon als Kind «abnorm, skrupellos, manisch und undiszipliniert», so zumindest charakterisiert ihn seine Schwester Hanna fünfzig Jahre später. Mit fünfzehn flog er aus der Klosterschule Einsiedeln, weil ihn die Mädchen mehr interessierten als geistige Exerzitien. Und kaum hatte er das Abitur an der Zürcher Privatschule Minerva geschafft, machte er erst einmal reinen Tisch. Ein Erbe von 5000 Franken verputzte er auf einer ausgedehnten Reise durch Frankreich. Sein Ziel war gleichwohl klar: Er wollte Millionär werden - aber aus eigener Kraft, und zwar bald.

1911 Immatrikulation an der Universität in Leipzig, Juristerei - nicht etwa, weil Winterhalter die Rechtsprechung besonders interessierte, sondern weil er dort den schnellsten Weg zur Doktorwürde vermutete. Das Studium finanzierte er mit der Produktion eines Hernienbandes. Er hatte die Bandage gegen Bruchleiden ursprünglich für den Eigengebrauch entwickelt. Und flugs machte er die Not zur Tugend. Der Erste Weltkrieg trug zum Erfolg bei: Winterhalters «federloses Hernienband» fand bei den älteren Offizieren, die auf dem Feld reaktiviert wurden, reissenden Absatz, was der Produzent sofort in Werbung ummünzte.

1923 ehelichte Martin Winterhalter seine Studienkollegin Emma-Elena Puklitsch und zog mit ihr vorübergehend nach St. Gallen. Das Geschäft mit den Bruchbändern lief gut, Winterhalter hätte ein geruhsames Leben führen können, doch das entsprach nicht seiner Art. Just in jenem Jahr irrte ein Amerikaner namens Guideon Sundback durch die Schweiz und bot eine Erfindung feil: Patent Nr. 99924 - ein Verfahren zur Herstellung lösbarer Verbindungen mittels winziger Kugelgelenke und Klemmbacken. Die Stickereibarone in St. Gallen lachten den Amerikaner aus und schickten ihn zum Bruchbandhändler Winterhalter, den sie ebenfalls für verrückt hielten. Die beiden fanden sich schnell.

Über den Deal kursieren verschiedene Versionen. Wahrscheinlich pokerte Winterhalter geschickt und zog Sundback mit einer Abfindung von einigen zehntausend Franken über den Ladentisch. Jedenfalls erfasste er den unschätzbaren Wert dieser Erfindung sofort und setzte alles auf diese Karte: Das Ehepaar verhökerte vom Tafelsilber bis zum Auto die gesamte Habe, um die Fabrikation voranzutreiben. Allerdings brachte erst Winterhalter Sundbacks Verschluss, der immer noch an seine wenig zuverlässigen Vorgänger aus Haken und Ösen erinnerte, zur Serienreife: Auf seinem Zeichentisch wurden die Kügelchen und Klemmbacken zu «Rippen und Rillen», kurz «Riri».

Winterhalter hatte begriffen: Riri, das war mehr als nur eine neue Marke - Ririmi() war die Magie einer neuen Epoche. Modern Times, ritschratsch, Mann ist in Eile, ritsch, und raus aus der Hose, ratsch, die Bluse weg. Kleider werden enger, schlechte Zeiten für Zugeknöpfte, ratsch, Tasche auf, und ritsch, Jacke zu. Rippen und Rillen verkrallen und lösen sich im mechanischen Gleitschritt. Auf die Schnelle findet sich, was geschmeidig, ohne Spuren und Verschleiss, wieder auseinandergeht. Der Reissverschluss war in Wirklichkeit ein Reizverschluss.

1925 standen in Wuppertal bereits 1000 Arbeiter am Fliessband, das Tag für Tag 10 000 Meter Ririmi() ausspuckte, und schon waren 25 neue Patente zur maschinellen Fabrikation angemeldet. 1928 folgten die ersten Ririmi()-Ableger in Luxemburg, Mailand und St. Gallen. Martin Winterhalter raste durch Europa, der Schlafwagen war sein Zuhause. Alsbald produzierten Dutzende von Fabriken den Ririmi() weltweit in Lizenz. 1929 schaffte Winterhalter mit einem neuen Spritzgussverfahren definitiv den Durchbruch. Die neuen Fertigungstechniken wurden auch an die Väter der ersten Reissverschlüsse nach Amerika zurückverkauft, womit sich der Kreis schloss: Der Schweizer kassierte nun praktisch bei jedem Reissverschluss mit, der auf dem Erdball produziert wurde.


1933, BRAUNE WOLKEN zogen über Deutschland auf. Martin Winterhalter interessierte sich kaum für Politik. Doch mit den Nazis hatte er nichts am Hut. Nationalismus wie Sozialismus waren diesem Selfmademan, der akzentfrei ein halbes Dutzend Sprachen beherrschte, zutiefst zuwider. Das Misstrauen war gegenseitig. 1936 wollte der deutsche Fiskus die Ririmi()-Fabriken wegen angeblicher Steuer- und Devisenvergehen unter staatliche Vormundschaft stellen. Doch die Beamten hatten die Rechnung ohne den Winterhalter gemacht. In einer Blitzaktion liess dieser seinen Maschinenpark in Wuppertal auf Lastwagen verladen und in die Schweiz schmuggeln. Schon nach wenigen Monaten wurde in Mendrisio die Reissverschlussproduktion wieder aufgenommen. Und der Padrone hielt Einzug im Palazzo, den er auf der gegenüberliegenden Seite des Lago di Lugano hatte errichten lassen: die Villa Ri-Rita.

Das Reichsfinanzministerium liess in der Folge Winterhalters Barguthaben beschlagnahmen. Aber schon wieder hatten die Beamten den rasenden Fabrikanten sträflich unterschätzt. Dieser brachte nämlich die Regierung in Bern dazu, deutsche Gelder in derselben Höhe zu blockieren. Man einigte sich schliesslich auf Staatsebene, die Guthaben gegeneinander zu verrechnen. Und Winterhalter erreichte, was er gewollt hatte: Sein deutsches Vermögen wurde trotz Devisenausfuhrverbot zu harten Schweizerfränkli. Es war freilich das letztemal, dass ihm die offizielle Schweiz einen Dienst erwies. Sie sollte zu seinem schlimmsten Feind werden.

MAG SEIN, dass eine Gehirnquetschung nach einem Skiunfall in Engelberg zum Niedergang des Martin Othmar Winterhalter beigetragen hat. Er wäre auch nicht der erste Geisteskranke in der Familie gewesen. Wie schwer der Mann tatsächlich erkrankt war und ob man ihn allenfalls in den Wahnsinn getrieben hatte, darüber waren sich die Ärzte nie einig. Klar ist bloss, dass ihn seit Anfang der vierziger Jahre die Geschwister, allesamt strenge Katholiken, «versorgt» sehen wollten. Und dass er keine direkten Erben hatte.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Martin Winterhalter von zunehmender Unrast getrieben. Grosszügig sponserte er allerlei religiöse Scharlatanerie, fabulierte von wundertätigen Wässerchen und Gesteinen, die er auf seinem Sommersitz, dem Monte San Grato ob Lugano, gefunden habe. Eine Ririmi()-Besessenheit ergriff den Fabrikanten: Allenthalben sah er Reissverschlüsse, aus Rippen und Rillen wollte er Strassen, Viadukte und Paläste bauen. 1941 forderte die Verwandtschaft erstmals einen Seelenarzt an, Professore Cattamalli von der Universität in Modena. Dieser diagnostizierte eine «fromme Hysterie», die mit «liebevoller Behandlung im Familienkreis, aber keinesfalls mit einer Internierung» zu kurieren sei.

Doch Martin Winterhalter feierte ungerührt das Leben. Er hatte es weiter gebracht als alle anderen - und das liess er seine frommen Geschwister spüren. Sein Vermögen war für damalige Verhältnisse astronomisch. Er gab das Geld mit vollen Händen aus, liess rauschende Feste steigen - allerdings nicht im trauten Familienkreis. Seine Ehe bestand seit dem Wegzug von Deutschland nur noch auf dem Papier, die Scheidung wurde 1942 vollzogen. Wenige Monate später heiratete er Inge Thompson, die 17jährige Nichte seiner Exfrau. Eine Bindung von kurzer Dauer. Nach einem Jahr verliess die junge Frau das Tessin fluchtartig.

DERWEIL WAR das Atomzeitalter angebrochen, und der Erfinder fühlte sich gefordert. Als er vom mysteriösen Tod eines Atomphysikers in Venedig erfuhr, reiste Winterhalter unverzüglich an die Adria. Er prophezeite den Untergang der Dogenstadt, wenn nicht sofort die Leiche exhumiert und mit dem Gestein des Monte San Grato behandelt werde, welches heilsame Y-Strahlen in sich berge. Auf dem Friedhof kam es zu grotesken Szenen mit der Witwe. Man einigte sich schliesslich, das Gestein, welches der reiche Schweizer in einem silbernen Schrein mit sich führte, neben der Leiche zu vergraben.

Auch die nächste grössere Mission führte ihn nach Italien. Diesmal galt es, Rom vor dem Untergang zu bewahren. Winterhalter war zu Ohren gekommen, dass sich beim Petersdom ein unterirdischer See aufgestaut habe und das Mekka der Christenheit gleich dem Turm zu Pisa in Schieflage zu bringen drohe. Papst Pius XII. war beunruhigt. Der Schweizer anerbot sich, nach eigenen Plänen und auf eigene Rechnung einen Sondierstollen graben zu lassen. Ohne den päpstlichen Segen abzuwarten, machte er sich ans Werk und engagierte dreissig Arbeiter von der Strasse weg. Der Tunnel sollte mit speziellen Bausteinen ausgekleidet werden, die wie Reissverschlusszähne ineinandergreifen. Ingenieure warnten vor einer Katastrophe. Das Unternehmen wurde abgeklemmt, bevor es richtig begonnen hatte, und der sich heftig wehrende Bauherr wurde vom Platz verwiesen. So steht der Petersdom immer noch.

IM JANUAR 1949 liegt die Schweiz unter einer dicken Schneedecke. Für den mittlerweile 60jährigen Winterhalter beginnt eine pechschwarze Zeit. Seine ersten Patente verfallen, die Billigproduktion von Reissverschlüssen hat weltweit eingesetzt. Die Firma Ririmi() steht im Zenit, doch es wäre an der Zeit, etwas Neues zu erfinden. Nur will dem einst genialen Tüftler nichts mehr gelingen.

Derweil haben seine Geschwister die Psychiatrisierung des kinderlosen Millionärs, der sein Vermögen verschleudert, in die Wege geleitet. Winterhalter entgehen diese Umtriebe nicht. Doch er denkt nicht daran, sich artig zu benehmen. Im Gegenteil, er fühle sich noch wie 22, lässt er vernehmen. Am 16. Januar ist es soweit. Winterhalter wird von seinen eigenen Fabrikdirektoren in seiner Villa Ri-Rita beim Frühstück überfallen, betäubt und im Auftrag seiner Geschwister nach Zürich entführt. Dort wartet bereits Dr. Manfred Bleuler, der ihn begutachten soll. Dem renommierten Seelenarzt wird die Sache indes ungeheuer, als er von der brutalen Entführung erfährt. So sind dann alle froh, dass sich Winterhalters Bruder Beat, Pater in Disentis, vermittelnd einschaltet. Nach wenigen Tagen ist eine Lösung gefunden, mit der anscheinend alle leben können. Der Millionär begibt sich «freiwillig» in die Vormundschaft eines Bündner Arztes, der ihn sofort für zurechnungsfähig erklärt und in die Freiheit entlässt.

Zwischen den Tessiner und den Bündner Behörden beginnt ein wüster Streit um die Zuständigkeit für das steinreiche Mündel. Derweil treibt Martin Winterhalter im geheimen sein raffiniertes Spielchen voran: Er beginnt seine Fabrik in Mendrisio gezielt zu ruinieren. Wenn sie einmal Konkurs wäre, so der Plan, würde er sie über die Tochtergesellschaften vom Ausland her als freier Mann aufkaufen. Über Strohmänner deckt er die Ririmi() in Mendrisio mit fiktiven Bestellungen in Millionenhöhe ein, die nie bezahlt werden. Er verschenkt Aktien im Wert von mehreren hunderttausend Franken, bald an seine Köchin, bald an seinen Arzt.

Winterhalter spielt mit dem Feuer. Die Ririmi()-Muttergesellschaft fährt in jenem Jahr trotz vorzüglichem Geschäftsvolumen einen Verlust von rund zwei Millionen Franken ein. Doch seine Widersacher kommen ihm auf die Schliche und verhindern den Konkurs. Erstmals muss der gewitzte Geschäftsmann eine Niederlage einstecken. Schlimmer noch: Winterhalter hat damit seinen Gegnern den scheinbar ultimativen Beweis dafür geliefert, dass er vor sich selber beschützt oder zumindest bevormundet werden müsse.

Genie oder Wahn? Der Schalk steht ihm in den Augen. Ein Provokateur, der einfach wissen will, wie weit einer in diesem Land gehen kann? Professor Bleuler glaubt erkannt zu haben, dass «sein Vermögen, ja sein Leben ohne vormundschaftlichen Schutz als gefährdet gelten müsse». Ein gewisser Dr. Wehrle diagnostiziert «polymorphe Schizophrenie mit paranoiden Zügen» und empfiehlt Insulinkuren zur Linderung. Einlochen wollen sie ihn beide. Ende August 1949 ist es wieder soweit: Martin Winterhalter wird - diesmal offiziell - von der Polizei verhaftet und in die Basler Irrenanstalt Friedmatt überführt. Ohne dass er jemandem ein Haar gekrümmt hätte.

In der Friedmatt bleibt er allerdings nur wenige Tage. Zu nächtlicher Stunde setzt sich der 60jährige Mann über die 3,2 Meter hohe Umfriedungsmauer ab. In einem Auto wartet eine Dame, die ihm zuvor schon den zur Flucht benötigten Dietrich in die Zelle geschmuggelt hat: die 27jährige Maria Lucia Medici, seine Privatsekretärin, seine Geliebte, die ihm in den Jahren der Unrast treu wie ein Schatten gefolgt ist.

Das Paar setzt sich ins Ausland ab. Von französischen Psychiatern lässt sich Winterhalter volle Zurechnungsfähigkeit attestieren, in Wien vergnügt er sich noch einmal wie Gott in Frankreich. Journalisten werden auf ihn aufmerksam. Winterhalter gibt Pressekonferenzen, sein Fall wird zur «Cause célèbre». Die Schweizer Behörden ziehen schnell den Schwanz ein, und nach wenigen Wochen ist die Vormundschaft aufgehoben. Doch sie werden ihm die Flucht an die Öffentlichkeit nie verzeihen. «Er ist umgeben von einem Journalisten, von Pressefotografen und von anderen, eindeutig dubiosen Existenzen», wird der Psychiater Dr. Wehrle in einem Gutachten schreiben, und: «Gerade aus der Auswahl seiner Umgebung, seiner Hofleute, geht hervor, dass die Persönlichkeit des Patienten erheblich defekt ist.»

Obwohl die Vormundschaft aufgehoben ist, verhindert Martin Winterhalters Schwester Hanna im Dezember 1949 die Heirat ihres Bruders mit seiner Beschützerin Maria Medici durch eine gerichtliche Einsprache. Martin Winterhalter nennt seine Geschwister fortan nur noch «Erbschleicher». Die junge Tessinerin hat bis anhin von ihrem Chef und Liebhaber nie mehr als einen bescheidenen Lohn erhalten. Als dieser im Dezember 1949, ermattet von den Intrigen, seine Geliebte eines Diebstahls verdächtigt, geht die Beziehung in Brüche. Jetzt ist Martin Winterhalter allein.

DIE GESCHICHTE wiederholt sich, die Tragödie wird zur Farce. 1950 entzieht sich der Fabrikant der erneuten Bevormundung durch Flucht ins Ausland. Einmal taucht er in Rom auf, dann wieder in Tunis, wo er mit den Plänen für eine atombombensichere Stadt in der Wüste für Wirbel sorgt. In Liechtenstein, in sicherer Distanz zu den Schweizer Behörden, verschanzt er sich in einer mittelalterlichen Raubritterburg, zusammen mit seiner jungen Sekretärin - diesmal heisst sie Roswita Burgmeier und ist Österreicherin. Er lädt alle jungen Holden des Ländle zum rauschenden Fest. Und sie kommen, doch in Begleitung finster dreinblickender Väter und einer Schar Landjäger. Kurz darauf wird dem Millionär eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im Fürstentum verweigert. Der einst umworbene Patron ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Noch einmal bäumt sich der alte Provokateur auf, im September 1950. Hoch zu Ross unternimmt er eine Reise quer durch die Alpen von Morcote nach Liechtenstein - angeblich um zu beweisen, dass er nicht spinnt. Auf einem Anhänger reist ein Ersatzpferd mit. Dahinter, im Schrittempo, folgen in zwei Limousinen ein getreuer Diener und Roswita Burgmeier. Ab und an hält einer am Wegrand, betrachtet die seltsame Prozession und begreift nicht: Es ist der letzte Ritt eines eidgenössischen Don Quijote, der gegen den Kleinmut seiner Zeitgenossen und deren willfährige Handlanger ins Feld zieht.

Zwei Monate später sitzt der geniale Fabrikant wieder in der Klapsmühle, bei Professor Binswanger in der Klinik Bellevue zu Konstanz. An der Diagnose hat sich nichts geändert: paranoide Schizophrenie. Dann noch ein letzter Fluchtversuch, im August 1951, in die Wege geleitet von einer blutjungen Sekretärin. In der Folge wird jeglicher Kontakt mit der Welt unterbunden. Kein Aussenstehender mehr hat seither persönlich etwas von Dr. Martin Othmar Petrus Notker Winterhalter gehört. Neue Presseberichte wurden auf dem rechtlichen Weg konsequent verhindert. Nicht einmal sein Anwalt durfte ihn sprechen. Im Irrenhaus starb er 1961, während seine Fabrik ihr 25-Jahr-Jubiläum feierte.

BLIEBE NOCH ANZUMERKEN, dass in Mendrisio nach wie vor jene Riri-Reissverschlüsse hergestellt werden, die Martin Winterhalter vor 70 Jahren entwickelt hat. Allerdings immer weniger. Mittlerweile sind es noch 200 Angestellte, die meisten Grenzgänger zum Discounttarif. Wohl werden heute mehr Reissverschlüsse gebraucht denn je - in den Industrieländern immerhin über zwanzig Meter pro Menschenleben, und auch eine Milliarde Chinesen schaffen statistisch bereits sechs bis sieben Meter pro Nase. Auf dem Weltmarkt hat die Firma Ririmi(), die heute einer Bank gehört, gleichwohl kaum noch etwas zu bestellen. Die Produktionskosten sind zu hoch, es fehlt ein genialer Erfinder. 1994 wendeten die Arbeiter eine Liquiditätskrise noch einmal ab, indem sie vorübergehend auf ihren ohnehin kläglichen 13. Monatslohn verzichteten.

Nach Winterhalters Tod exportierte Ririmi() immerhin jährlich 4500 Kilometer Reissverschluss in über 40 Länder. Sein einst märchenhaftes Vermögen hat sich mittlerweile in Luft aufgelöst. Es soll für gemeinnützige Zwecke aufgewendet worden sein. Was das heisst, weiss niemand mehr so genau. An der Misswirtschaft des Firmengründers kann es nicht liegen. In den letzten zehn Jahren seines Lebens verbrauchte er bloss noch 120 Franken pro Tag.

Alex Baur ist freier Journalist in Zürich.




Was nun, Judson, Sundback, Winterhalter - ?
Also Judson und Sundback die ersten Erfindungen, Winterhalter die Serienreife, so ähnlich muß man es sich wohl vorstellen.


Eine Erweiterung ist vorgesehen, letzter redaktioneller Stand ist der 01.April 2004. Für Informationen zur Vervollkommnung dieser Aufstellung sind wir jederzeit sehr dankbar.


Quellen :
Zürcher Zeitung
Nordbayerischer Kurier